Sehr geehrte Damen und Herren,

durch den Hinweis meiner Mutter bekam ich den Hinweis, daß sich auf Ihrer Homepage etwas zu "Boostedts dunklem Kapitel", den russischen Kriegsgefangenen und den ZwangsarbeiterInnen befindet.
Da ich mich qua Studium, Beruf und letztendlich wegen meiner Jugend in Boostedt für derlei Informationen interessiere habe ich nun heute Ihre Homepage besucht.
Ich finde es schön, daß Sie sich diesem viel zu lange Verdrängten Kapitel Boostedter Geschichte widmen, wenn gleich ich kritisch anmerken muß, daß ich ein wenig fundierte Informationen erwartet hätte. Abgesehen davon finde ich die doch etwas euphemistische Überschrift "dunkles Kapitel" kritikwürdig, da dies suggeriert, daß das "Kapitel" NS in Boostedt abgeschlossen sei. Gerade die unsäglichen Debatten und die Verzögerungstaktiken bei den Zahlungen um die Zwangsarbeiterentschädigung zeigt nun aber genau das Gegenteil.
Denn Zeitzeugenbericht von Herbert Kahlke finde ich sehr lesenswert, zeigt er doch, daß niemand sagen kann er (oder sie) habe nichts gewußt.
Was mich aber am meisten "stört" ist, daß Sie nicht auf die noch heute sichtbaren "Überreste" des "dunklen Kapitels" eingehen.
So befindet sich auf dem Boostedter Gemeindefriedhof Boostedt

"... mehrere Kriegsgräberstätten. Ein Gedenkstein auf dem Gräberfeld von 16 sowjetischen Staatsangehörigen aus dem Kriegsgefangenenlager am ›Kassenbarg‹ trägt eine russische Inschrift, deren Übersetzung ins Deutsche lautet:

Hier sind begraben
16 sowjetische Bürger,
gestorben in faschistischer Unfreiheit.

Alle Opfer starben in den Jahren 1941 oder 1942. Außer den Jahreszahlen sind die Namen der Verstorbenen auf dem Grabstein angegeben.
(...)
Auf dem gleichen Friedhof sind in drei Sammelgräbern weitere 65 Zwangsarbeiter oder Kriegsgefangene aus Rußland, Estland, Lettland und auf Geheiß des Oberkommandos der Wehrmacht außerhalb des Boostedter Friedhofes beigesetzt wurden. Erst im Jahre 1948 erfolgte ihre Umbettung aus Neumünster hierher. Für diese Toten existiert kein Gedenkstein. ..."
aus: Gerhard Hoch / Rolf Schwarz: Verschleppt zur Sklavenarbeit. Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter in Schleswig-Holstein. Alveslohe und Nützen, 1985, S. 185.

Die Namen der 16 sowjetischen Kriegsgefangenen:
Ilja Mesenzow; Nikolai Guschelew; Nikolai Kulikow; Makoa Samikow; Iwan Kaschtanow; Nikolai Woinow; Fedor Woskamcew; Peter Moslow; Alfanasi Produdin; Stefan Potschitschnjew; Alexander Linin; Grigory Kovaly; Peter Muchodanow; Fedor Repin; Wasily Nowikow; Wasily Kondroschan.

Ich denke mit einem adäquaten Umgang, den ich Ihnen nicht absprechen will, ist  unabdingbar das Erinnern an die Opfer verbunden. So wäre es, neben dem Erwähnen auf Ihrer Homepage m.E. an der Zeit auf dem Boostedter Gemeindefriedhof deutlicher auf die Gräber hinzuweisen. Derzeit ist es nur mit einem gewissen Spürsinn möglich die Gräber auf"zuspüren".

Desweiteren würde ich es sinnvoll finden Literaturangaben zu dem Thema auf Ihrer Homepage anzugeben.
Neben dem zitierten Buch sind kurze Anmerkungen bzw. Verweise zu Boostedt in folgenden zwei Büchern enthalten:

Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus : Eine Dokumentation I, Hrsg.: Bun-deszentrale für politische Bildung. (Überab. und erw. Auflage), Bonn, 2001, S. 723f.
Dohnke, Kay: Nationalsozialismus in Norddeutschland : Ein Atlas. Hamburg/Wien, 2001, S. 107.


Mit freundlichen Grüßen

Andreas Ehresmann
Hamburg